Kor’sia ersteigt einen Kunst-Gipfel. Die Tanzkompanie entdeckt den uralten Glauben, dass nicht Gott allein über das Schicksal der Menschen bestimmt. Zwei italienische Surrealisten übersetzen das in eine wunderbar choreografierte Parabel auf die Entfremdung der menschlichen Spezies von der Natur.
Erfolg macht glücklich
Ohne Wut im Bauch ist Erfolg nicht zu haben. Nicht die ohnmächtige Wut ist gemeint, sondern die ehrliche. Der bulgarische Meister Ivo Dimchev sucht darum das Risiko, nicht die Moral. Er sucht sein Publikum und nicht die öffentliche Meinung
Nach der Explosion
In Beirut am östlichen Mittelmeer konfrontiert einen nichts so sehr mit der Realität wie der Tanz, der arabische Körper, der Ungeschminkte, der nach Jahren des Schreckens sein ornamentales Kleid abgeworfen hat und ganz direkt zu einem spricht.
Auf dem Rettenbachgletscher
Es ist Frühling in den Alpen. Die Temperaturen steigen, die Sonne scheint gnadenlos nach dem Schneesturm. Dreihundert Menschen auf Skiern, im Fluggerät, in Pistenbullies, auf Motocross-Rädern, die Tanzenden, alle stehen bereit, um wie einst Hannibal die Alpen zu überqueren. Ein Gefühl von Gefahr liegt in der Luft. Ein Ausnahmezustand?
Tanzen ist Kämpfen
Wer kennt die Tanzszene Serbiens? Niemand. Selbst das Belgrade Dance Festival zeigt nur Gäste aus dem Ausland. Dabei steckt die Kehrseite, die freie Szene Serbiens, voller Überraschungen
Ein Geschrei im Gebirge
Wer bleibt? Wer muss gehen? Zum großen Auswechseln von Oppositionellen wie Alexei Nawalny gehört auch der Rauswurf von Direktoren aus Russlands Ballett-Etagen wie der von Wladimir Urin aus dem Bolshoi in Moskau.
Im Wald
Jeden Tag stehen lange Schlangen vor den Toren des Louvre in Paris, um alte Kunst zu sehen. Nur manchmal, in der Nacht, kann man vor diesen Meisterwerken sogar tanzen. Die Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker hat sich diesen Traum erfüllt.
tanz.dance – Die Chronik 2023
Zehn neue Ausgaben sind seit der letzten Chronik 2022 entstanden. Immer geht es um den Tanz und was er in dieser Welt bewirkt. Darüber könnte man in kleinen Häppchen berichten. Oder aber frisch ein kulinarisches Mahl zubereiten.
Liebling
Die australische Tänzerin Josephine Ann Endicott ist eine der Schatzhüterinnen des Erbes von Pina Bausch. Und sie ist eine großartige Erzählerin. Fünfzig Jahre Tanztheater Wuppertal gehen an niemandem spurlos vorbei. Da ist Humor das mindeste, was es braucht, für den …
Tanz im Herzen der Peripherie
In Vorpommern: Kann es klappen, in diesem Flächenland, dessen Küste im Sommer allein den Touristen gehört, ganzjährig für eine Tanzkultur zu sorgen, die diesen Namen auch verdient?
Vor Spiegeln
Trajal Harrell aus New York arbeitet wie ein Forschungsreisender. So wie Alexander von Humboldt einst die Naturen der Welt erkundete, sucht Harrell die Tänze der Moderne – Voguing, Butoh, Black American. Das lohnt ihm die Welt nun: mit Werkschauen und Welttourneen.
Aus der Zeit treten
Kyoto ist – neben Osaka – das Zentrum der klassischen japanischen Künste. Traditionen hier werden von Generation zu Generation weitergereicht, vornehmlich durch Personen, die den Status „lebender Nationalschätze“ innehaben. Wie Inoue Yashiyo V, die fünfte Lehrerin in Folge eines Kyomai genannten Tanzes
Grönland wird nie grün
Gestatten, mein Name ist Grönland. Ich bin der Mars auf Erden. Ein Vergleich, der mich ehrt. Denn er beruht auf meiner unvergleichlich schönen Landschaft.
Lazgi – Der Feuertanz im Kerzenschein
Wie sehr das Wort schimmert: Lazgi. Im Französischen klingt es wie „lascar“, ein schlauer Bursche. Man denkt an Laszives, historisch an Lascaux – an die Höhlenmalereien der Urmenschen. Ein Fund prähistorischer Felszeichnungen war es auch, der den zentralasiatischen Lazgi zu einem der ältesten, noch heute praktizierten Tänze erklärt hat.
Tanz den Aufstand
Aufstände in Iran gibt es immer wieder. Aber jetzt, zum ersten Mal, tanzen die Frauen auf der Straße. Schon seit 1979 ist ihnen das Tanzen verboten. Ihr Kopftuch, der Hijab, fällt. Ihre Hände greifen es wie eine Fahne im Widerstand. Sie setzen es in Flammen. Iran ist in Aufruhr, aus Hunger. Nach Essen und Freiheit. In einem Staat, der mit bürokratischer Gründlichkeit seine Schergen und Kontrolleure am Leben hält. Und seine Henker.
Die Frau, die sich traut
In nur zehn Jahren ist Florentina Holzinger zu dem Star am europäischen Tanzhimmel emporgeschossen. Wo immer sie und ihre all-female-Truppe auftauchen, stockt dem Publikum buchstäblich der Atem.
Im Krieg
Im Krieg wird klar, welche Rolle die Kultur spielt. Seit acht Jahren verteidigt sich die seit 31 Jahren unabhängige Ukraine gegen den Aggressor aus dem Osten. Nur mit Waffen, wie die Nachrichten behaupten? Was verteidigt die Menschen wirklich, die vor Invasoren Schutz suchen?
Vom Verschwinden
Mexiko ist das Land, das die Toten feiert. Da wundert es nicht, wenn Kartelle sie wie am Fließband produzieren, all die Verschwundenen und Ermordeten. Was keiner glaubt: In diesem Land sorgt der Tanz dafür, dass sich dieses Blatt auch wieder wenden kann
The Body’s Art
Choreografie hat weitaus mehr mit einer Radikalität und Dringlichkeit des Handelns zu tun, als mit Einverständnis und Mittanzen. Und das gilt, ausnahmslos, auf der ganzen Welt.
Documenta, Decolonycities & Deutsch-Südwest-Afrika
Über Namibia hängt ein Schatten – nicht nur wegen der tiefstehenden Sonne über der malerischen Etosha-Pfanne. Bei aller Wüstenromantik: Auch mit der Rückgabe von Raubkunst an die ehemals deutsche Kolonie bleibt der Frieden trügerisch. Das Verhältnis zu den Erbauern der ersten deutschen Konzentrationslager ist alles andere als geklärt.
Die Neue Indigene Welle
Rituale, Älteste, Ahnen und sehr viel Land. In den Coast Salish Territorien im Nordwesten Kanadas lebt ein zeitgenössischer indigener Tanz auf: ringsum das erst 1886 gegründete Vancouver. Lange war der indigene Tanz hier verboten. Jetzt dreht sich der Wind.
Noch 2000 Kilometer bis zum Nordpol
Ein gewaltiges Fest auf der Insel Ingøy im nördlichsten Norwegen vereint Publikum und Tanzende unter arktischem Himmel. Unweit der russischen Grenze feiert das Theater die Landschaft. Mit dabei: Hans-Thies Lehmann, der kürzlich verstorbene Doyen des postdramatischen Theaters. Für ihn war die Landschaft Widersacher und Zentrum des Theaters zugleich. Eine Festbeschreibung und ein letzter Text von ihm.
Das Wunder von Marseille
Die künstlerisch erfolgreichste Ballettkompanie der Welt kommt derzeit aus Marseille. Angeführt wird das Riesenunternehmen von einem dreiköpfigen Kollektiv. Alle dürfen bei den Proben des Ballet National de Marseille dabei sei, selbst die Verwaltung. Die Produktionen treffen den Zeitgeist. Von Lucinda Childs bis zu georgischen Volkstänzen lädt das Kollektiv (LA)HORDE jede und jeden ein, wieder Spaß am Tanz zu haben.
Nach Schönheit graben
Nichts ist dem Westen fremder als indischer Tanz. Seine Wurzeln sind verschüttet. Umso mehr ziehen Statuen von nackten Tänzerinnen an den Tempeln von Karnataka solche Touristen an, die Bajaderen sehen wollen: als Prostituierte verunglimpfte Tänzerinnen. In Wahrheit ist der indischer Tanz eine fortdauernde Rekonstruktion aus zahllosen Bruchstücken seiner sehr langen Geschichte. Ihr hat sich die Choreografin Padmini Chettur äußerst sensibel angenommen.
In der Lausitz
Sie nennen sich Sorben und Wenden. Ihre Existenz in Deutschlands östlichstem Osten bemerken Fremde oft nur an zweisprachigen Ortsschildern, sobald sie über die sanften Hügel in diese andere Kultur gelangen. Hier wehren sich die Menschen mit kräftigen Tänzen, alten und neuen, gegen den Verlust des Eigensinns.
Fremder Tanz
Die Moderne wäre nicht vorstellbar ohne das Spiel von Aneignung und Appropriation, einem Global Groove aus Kunst, Tanz, Performance und Protest. Der deutsche Maler Ernst-Ludwig Kirchner begeisterte sich schon früh für außereuropäische Kulturen. Und für den Tanz. Genau hier fand die Avantgarde ihren Ausgangspunkt: in der Bewegung im Fremden.
Der Wunsch zu kämpfen
Wer kämpft, ist ein Krieger. Oder ein Künstler? Der israelische Choreograf Yotam Peled erforscht die Ähnlichkeiten zwischen Kampf- und Tanzpraktiken. Ein Gespräch über (Gewalt-)Fantasien, Zärtlichkeit, Schmerz und Verletzlichkeit.
Das tanzende Cluster
Hongkong gehört zu China. Neue Gesetze, auch zur Eindämmung des Virus, machen es der Stadt nicht leichter, in ihre immer noch neue Rolle zu finden. So geht es auch der Tanzszene. Sie wagt weiterhin den Aufbruch, versucht aber auch neue Wege zu gehen und mit Traditionen zu brechen
Die Unfähigkeit zu helfen
Burkina Faso ist eins der ärmsten Länder, in Afrika und in der Welt. Hier findet, trotz Militärputsch, ein Tanzfestival statt, das seinen Gästen tiefe Einblicke in die Mentalitäten der afrikanischen Tanzszene erlaubt. Hier wird gestritten, auf offener Bühne, es wird getanzt und es werden neue Partnerschaften geschmiedet. Europa hat dieses Festival bezahlt – um sich dieser Szene auf Augenhöhe zu nähern.
Kunst und Lüsternheit – Die Tragödie des Jan Fabre
Am 12. September 2018 veröffentlichten zwanzig Tänzerinnen der Antwerpener Kompanie Troubleyn einen offenen Brief in der digitalen flämischen Kunstzeitschrift „Rekto:Verso“, in dem sie den Gründer und künstlerischen Leiter Jan Fabre beschuldigen, eine frauenfeindliche Atmosphäre geschaffen zu haben, in der „Demütigung an der Tagesordnung ist“
In Sibirien
Ich bin fasziniert von Geistern. Schamanen in ganz Asien rufen Geister an. Aber wer kennt diese bedrohte Spezies noch? Dabei gehören Geister zur älteste Vision der Menschheit. Heute nennt man sie allenfalls Wiedergänger, die sich in der virtuellen Realität, in Comics, in der Malerei und auf der Bühne tummeln. Dort verkörpern sie den Wunsch, mit dem Jenseits in Kontakt treten zu können.
Alle Künstler sind „Made in Bangladesh“
Millionen und Abermillionen Kilometer Garn spulen weltweit und ohne Unterlass von der Rolle – in sämtlichen Stoff- und Nähfabriken auf dieser Erde. Mechanisch betrachtet, vollführen Garnrollen eine nahezu endlose Pirouette. Genau demselben Prinzip folgt der menschliche Körper beim Tanz.
Grenzen sind Chancen
Das Theater will dreifach gut sein. Gut zum Bürger. Gut zur Kultur. Und gut zum Zeitgeist. Gut zu sein, gehört zum Wesen des Theaters, das sich nicht vorwerfen lassen will, etwa rassistisch zu sein. Doch verträgt sich dieser Anspruch wirklich mit der Realität innerhalb der Institution? Der Fall Raphael Hillebrand lässt daran Zweifeln.
«tanz.dance» ist ein journalistisches Projekt, herausgegeben von Arnd Wesemann, langjähriger Redakteur der Zeitschrift «tanz». Das Projekt ist unabhängig von Verlagen, um kritisch und lustvoll Bewegung, damit Veränderung, damit die Zukunft in den Künsten zu beschreiben – in gut recherchierten Reportagen mit digitalem, zweisprachigem Storytelling internationaler Autor:innen.
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