Aus der Zeit treten

Inoue Yachiyo V ist ein Lebender Nationalschatz Japans und die fünfte Nachfolgerin der in Kyoto verwurzelten Tanzschule Inoue
Inoue Yachiyo V ist ein Lebender Nationalschatz Japans und die fünfte Nachfolgerin der in Kyoto verwurzelten Tanzschule Inoue

虫の音 高画質

Kyoto ist – neben Osaka – das Zentrum der klassischen japanischen Künste. Traditionen hier werden von Generation zu Generation weitergereicht, vornehmlich durch Personen, die den Status „lebender Nationalschätze“ innehaben. Wie Inoue Yashiyo V, die fünfte Lehrerin in Folge eines Kyomai genannten Tanzes

Kulturforscher und Übersetzer aus dem Japanischen

Bei einem Besuch in Kyoto hatte ich Gelegenheit, Inoue Yachiyo V., die Leiterin der Kyomai Inoue-Ryu [der Inoue-Tanzschule], und ihre Tochter Inoue Yasuko zu interviewen. Beide sind Kyomai-Lehrerinnen und die Fackelträgerinnen einer Tradition, die von ausschließlich weiblichen Tanzmeisterinnen gelehrt wird. Das Interview bot Gelegenheit, über die Perspektiven und die Bedeutung dieser jahrhundertealten Kunstform in unserer sich rasch verändernden Welt nachzudenken. Auf dem Gebiet des Nihon Buyo (eines Sammelbegriffs für den klassischen japanischen Tanz) ist die Inoue-Schule einzigartig: Sie unterrichtet nicht nur diejenige Tanzform, die von der Geiko (Geisha) und Maiko (angehende Geisha) in Kyotos Gion-Kobu-Viertel studiert wird, sondern betont vor allem auch die poetische Dimension des Tanzes, die auf subtile Weise die Fantasie des Zuschauers anregt. Generationen von Kyomai-Meisterinnen haben sich in der Choreografie des Jiuta-Repertoires hervorgetan, eines Genres der traditionellen japanischen Musik, das ursprünglich auf der Shamisen gespielt wurde (einer dreisaitigen Langhalslaute). Diese Kunst wurde in Kyoto und Osaka zur Blüte gebracht.

Kyomai – der klassische japanische Tanz, wie er im Teehaus gepflegt wird

Meine erste Begegnung mit diesem Tanz, Jiuta-Mai, fand an einem Sonntagabend vor etwa vierzig Jahren statt, als ich ihn zu Hause auf einem Zwölf-Zoll-Schwarzweiß-Fernseher mit schlechtem Empfang erlebte. Trotz des schneesturmartigen Bildes und des in Wellen an- und abschwellenden Tons betörte mich das Bild einer einsamen, skulptural wirkenden Jiuta-Tänzerin. Der Eindruck ihres Tanzes wie auf einer melodischen Linie ist nie mehr wieder verblasst. Sie tanzte so unbeweglich manchmal wie ein wachsamer Kranich auf der Lauer. Es war auch ihr Alter, das mich in Ehrfurcht erstarren ließ, während ihr Fächer, den sie in der Hand hielt, eine Flut der Wellen auszulösen schien, die aus der flimmernden Kiste flossen und sich tief in mein Gedächtnis einbrannten.

Der Zufall wollte es, dass Inoue Yachiyo V. einige Tage nach unserem Gespräch im Nationaltheater von Japan in Tokio auftreten sollte, wo sie „Zangetsu“, ein Stück aus dem Jiuta-Repertoire, präsentierte. Ihr Auftritt entwickelte sich zu einem nicht minder eindrücklichen Ereignis und wirkt auf mich nach wie vor als der lebendige Beweis einer unwiderstehlichen Anziehungskraft, die von ihr und ihrer Meisterschaft des Kyomai-Tanzes ausgeht.

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Tanz der Zeitalter: Kyomai

3,21

Eine japanische Geisha oder Geiko ist eine hervorragende Künstlerin und Bewahrerin der klassischen Kultur. Um dieses Können zu erlangen, besucht sie über Jahre eine Schule, deren Absolventinnen großartige Kennerinnen des klassischen Repertoires sind. Inoue Yachiyo V lenkt als Künstlerin, die auf der Bühne ihr Publikum sprachlos macht, ihre Schule in Kyoto durch alle Fährnisse der Moderne. Mit ihr ein Gespräch über den Tanzstil Kyomai führen zu dürfen, ist großes Glück und vermittelt einen tiefen Einblick in die japanische Tanzkunst.

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