The Body’s Art

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Die Karte steht Kopf, gen "Global South" und zeigt die Orte unserer Reportagen. Die je neueste Story blinkt wie ein Leuchtturm

Choreografie hat weitaus mehr mit einer Radikalität und Dringlichkeit des Handelns zu tun, als mit Einverständnis und Mittanzen. Und das gilt, ausnahmslos, auf der ganzen Welt.

Man sagt gerne, die Tanzszene sei so sehr mit dem Körper beschäftigt, dass allein die Sorge um sich oder die Sorge um die eigene Karriere zählt. Aber das stimmt nicht. Denn es ist allein die schonungslose Neugierde auf andere, die einen Menschen überhaupt erst interessant macht.

Genau das ist auch der lustvolle Antrieb von tanz.dance. Schonungslose Neugierde, weil sich hier Stimmen aus aller Welt versammeln, Stimmen von Tanzjournalist:innen auf fünf Kontinenten. Sie erzählen die Geschichten, die der Tanz erzählt. Nur anders: Nicht auf Papier, nicht zur Dekoration eines Coffee Table Book oder einer Bücherwand (dieser Kompetenztapete für Gebildete), sondern digital, spannend in Text und Machart und vor allem: überall lesbar: Denn wenn die Tanzszene etwas ist, dann ist sie viel unterwegs.

So wie Anamaria Klajnšček und Magí Serra. Die beiden tanzen ein Ideal: die Gleichberechtigung, die Balancen der Partnerschaft, die Suche nach dem Gleichgewicht, wenn die Slowenin Anamaria Klajnšček ihren Partner auf die Schultern hebt und trägt und er danach seine die Welt bestaunende Partnerin ebenso hoch unter der Decke zwischen den kreiselnden Ventilatoren gefährlich hin- und her schwanken lässt. Dabei sind ihr und sein Körper stets zärtlich miteinander verbunden. Wir entdeckten ihre Kunst in Bobo-Dioulasso, mitten in einem Militärcamp in Afrika, in Burkina Faso.

Helena Waldmann

Getanzt wird auch in Sibirien. Der Schamanismus sucht eine Verbindung zur übernatürlichen Autorität. Die tanzende Ekstase beweist den Kontakt zu den Göttern. Natürlich ist das eine Inszenierung, sagt der weitgereiste Tanzkünstler Choy Ka-Fei. Über Jahrhunderte erfahrene Unterdrückung und Ungerechtigkeit führen zum Wunsch, „zaubern“ zu können und übernatürliche Rache zu nehmen. Der Schamane stiftet einen „Gegenzauber“, um durch geschickt formulierte Orakel, scheinbar übermittelt von den Geistern der Ahnen und Götter, gut inszeniert eine Konfliktlösung herbeizuführen.

Choy Ka Fai

Die Welt dreht sich wie eine Spindel. Aber sie dreht sich nicht um sich selbst. Denn nur um das eigene Ich zu pirouettieren, ist keine Option – nicht mal in der Kunst.

Im Tanzjournalismus geht es stattdessen um die Freiheit der Meinung, in der Tanzwissenschaft um neue Erkenntnisse dank neuer Kunstströmungen. In Tanzarchiven lagert, was diese ephemere Kunst in die Gegenwart weiterträgt. Allen drei geht es um die Bedeutung des Tanzes – um die Künstler:innen, um ihren Antrieb, ihre Lust, den Motor, die Motivation, die Recherche, die erst zu ihrem Kunstwerk geführt haben.

Anna Saup

Die Welt dreht sich wie eine Spindel. Aber sie dreht sich nicht um sich selbst. Denn nur um das eigene Ich zu pirouettieren, ist keine Option – nicht mal in der Kunst.

Im Tanzjournalismus geht es stattdessen um die Freiheit der Meinung, in der Tanzwissenschaft um neue Erkenntnisse dank neuer Kunstströmungen. In Tanzarchiven lagert, was diese ephemere Kunst in die Gegenwart weiterträgt. Allen drei geht es um die Bedeutung des Tanzes – um die Künstler:innen, um ihren Antrieb, ihre Lust, den Motor, die Motivation, die Recherche, die erst zu ihrem Kunstwerk geführt haben.

Anna Saup

Die meisten Choreograf:innen, wenn sie Kunst machen, folgen nicht einem Einfall, sondern haben eine richtige Idee, ein dringendes Bedürfnis und führen einen Kampf mit ihrer Idee. Sie begeben sich ins Abenteuer, um ihre drängenden Fragen mit dem Körper so zu formulieren, damit diese Fragen auf einen anderen Körper, dem des Publikums, überspringen können. Man kann so ein Stück einfach rezensieren, es aufzeichnen, es studieren. Man kann aber auch fragen nach der Recherche, nach dem Abenteuer, nach der Quelle dieser Kunst. Dann wird es richtig spannend.

Spannung erzeugt ein besonderer Trick: der Cliffhanger. Bevor es – in diesem Fall – für die nächsten 15 Minuten wirklich ganz und gar interessant wird, sorgt eine Taste, ganz unten, dafür, dass die Autor:innen, Über:setzerinnen und Fotograf:innen auch ja ihr Honorar erhalten. Nicht durch einen Verlag, Werbung, Abos oder dergleichen, sondern ohne Umwege durch die tanzinteressierten Leser:innen selbst. Dieser Knopf ist natürlich eine Hürde, weil er dankenswerterweise eine bewusste Entscheidung verlangt, das geweckte Interesse mit sonst rund drei Euro zu entlohnen. Nur diesmal zahlen Sie noch nicht mal jenen Cent, der hier angezeigt ist …

Mount Olympus - Jan Fabre

Die Wut, die schöne Wut

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