Die Mittellausitz, Teil des niedersorbischen Siedlungsgebiets, war der Heizkessel der DDR: der Lausitzer Tagebau mit den sich anschließenden Kraftwerken. Ein Gebiet, das regelrecht umgepflügt wurde, geologisch, aber auch sozial.
Ein Sprichwort der hier lebenden Wenden und Sorben sagt: „Gott schuf die Lausitz und der Teufel packte die Kohle hinein“. Der Energiehunger des 20. Jahrhunderts hat 136 Dörfer gekostet, sorbisch-wendische Dörfer. Sie wurden weggebaggert, mit Kirche, Friedhof, Bauernhäusern, Gärten, Tanzsälen, Wirtshäusern, Stallungen und Feldern, alles einfach untergepflügt und ihre Bewohner in die Städte versetzt.
Aus den einst lauschigen, von Handwerk geprägten sorbisch-wendischen Städtchen wurden Wohnstätte, deren mittelalterliche Stadtkerne wie Spremberg, Hoyerswerda und Weißwasser zerfielen. Irgendwo musste man die Dorfbewohner, vor allem aber die für den Braunkohleabbau und seine Verheizung nötigen Arbeitskräfte unterbringen. In Hoyerswerda etwa versiebenfachte sich die Bewohnerzahl in nur 15 Jahren. Noch 1956 zählte das sorbische Städtchen im Lausitzer Urstromtal weniger als 10 000 Einwohner:innen, 1971 waren es mehr als 71 000. Dann, zwanzig Jahre später, folgte die Rolle rückwärts. Heute hat sich die Einwohnerzahl Hoyerswerdas wieder halbiert. Jetzt wird zurückgebaut. Industrieanlagen werden umgewidmet, die Tagebaugruben im großen Stil geflutet. In der Mittellausitz befindet sich Europas größte künstliche Seenlandschaft, umrandet von endlosen Kiefernwäldern auf steppenhaften, einst sorbisch-wendisch bearbeiteten Böden.