Vor Spiegeln

Harrell Trajal
Dior goes Gothic: Trajal Harrells "Haus von Bernarda Alba" nach der Tragödie von Federico García Lorca spielt im Modehaus Dior der 1940er Jahre, ein exklusiver Salon, und die Models in Griffnähe zum exklusiven Zürcher Publikum.

Trajal Harrell aus New York arbeitet wie ein Forschungsreisender. So wie Alexander von Humboldt einst die Naturen der Welt erkundete, sucht Harrell die Tänze der Moderne – Voguing, Butoh, Black American. Das lohnt ihm die Welt nun: mit Werkschauen und Welttourneen.

Tanzkritikerin

Dancer of the Year 2019 – Triennale Milano

Lorenza Daverio

In New York steht sein Büro, in Zürich sein Arbeitsplatz, in Athen ist er zu Hause. Trajal Harrell ist immer unterwegs. Im Sommer 2023 zeigt er in Wien beim Festival “ImPulsTanz” seine Werke, die so schöne Namen tragen wie „Monkey off My Back or the Cat’s Meow“, „Maggie the Cat“, oder – wie hier zu sehen: „The Köln Concert“.

Im Herbst zeigt er auf dem Festival d’Automne in Paris seine übrigen Werke, etwa „In the Mood for Frankie“, „Sisters or He Buried the Body“, „Demanding Whispers“, „Caen Amour“, „Tambourines“ sowie seinen Klassiker „(M)imosa“ von 2011, der in Kollaboration mit den nicht minder berühmten Tanzstars Marlene Monteiro Freitas, François Chaignaud und Cecilia Bengolea entstanden war. Und zuvor, in Berlin, bei “Tanz im August” ist er mit „The Romeo“ zu Gast.

Trajal Harrell wurde 2018 zum „Tänzer des Jahres“ gekürt. Daraufhin kreierte er ein Stück gleichen Namens. In diesem und den meisten anderen Stücken geht es um das Tanzkleid. Wie ein bildender Künstler operiert er am hochgehaltenen Kleid die Schritte, Posen, Zitate, die Geschichte des Tanzes im ewigen Spannungsfeld von Geschlechterfrage und Rassismus.

Twenty Looks or Paris is Burning

Paula Court

Seine immense Produktivität verdankt er nicht zuletzt der Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus Zürich Dance Ensemble, das er in der Ära der nun scheidenden Intendanten Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg aufbauen durfte. Damit wird 2025 Schluss sein – es droht diesem Ensemble in Zürich dasselbe Schicksal wie dem Ballet of Difference des Choreografen Richard Siegal in Köln: Auf einen politischen Beschluss hin wird eine an einem Schauspielhaus angesiedelte Tanzbühne trotz weltweiter Erfolge wieder geschlossen.

Lilo Weber

Lilo Weber, langjährige Tanzkritikerin der Neuen Zürcher Zeitung, hat seine Entwicklung hautnah verfolgt und lange Gespräche mit Trajal Harrell geführt, den sie immer irgendwo zwischen Athen, Zürich, New York und anderswo antraf: einen Mann auf dem Zenit seiner Kunst. Nach ihrer gründlichen Recherche ist nun diese wunderbare, opulent bebilderte Erzählung, ja, Monografie über den Forscher und Weltreisenden Trajal Harrell entstanden, die hier beginnt.

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Trajal Harrell

„Ich bin kein Voguer“

3,23

Voguing, Butoh, Postmoderne – Trajal Harrell und seine Leute wirbeln Geschlechterrollen durcheinander und mischen die Tanzgeschichte auf. Beides trifft den Nerv der Zeit.

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