Dies ist die atemberaubende Reise ins Land des Nussknackers und ins Land der freiwilligen Selbstzensur – eine Geschichte voll korrupter Mäusekönige und Duckmäuserei, verzweifeltem Tanz-Idealismus und einem zweifelhaften Verständnis von Tradition
Mit schöner Regelmäßigkeit sind die Balletthauptstädte Moskau und Sankt Petersburg mindestens einen Monat lang im Jahr mit dem Kampf um Karten beschäftigt. Seien es Karten für die Tschaikowski-Interpretationen des „Nussknacker“ in der Fassung eines Lew Iwanow am Petersburger Mariinsky-Theater aus dem Jahr 1892, oder der „Nussknacker“ als Meisterwerk von Juri Grigorowitsch aus dem Jahr 1966 am Moskauer Bolshoi-Theater, oder die jüngste Ballett-Interpretation von Juri Possokhov im Moskauer Stanislawski- und Nemirovich-Danchenko-Theater, ebenfalls in Moskau: Was für ein fieberhaftes Anstehen für eine festliche Show aus Zuckerfeen und Mäusekönigen. Aus dem ganzen Land kommen die Besessenen nach Moskau, um in langen Schlangen und noch in der Dunkelheit der frühen Morgenstunden ein paar „Nussknacker“-Tickets für die Familie an der Kasse zu ergattern. Ein Ringen um ein Stück Kultur in einer Zeit der Verzweiflung und Trauer, um das Herz zu wärmen.