Louise Lecavalier

“Stations”

André Cornellier

Sie war die Solotänzerin der in Montreal ansässigen Kompanie La La La Human Steps und wurde zu der ikonischen Tänzerin ihrer Generation. Sie macht weiter. Sie bleibt Ikone. Und füllt die Säle.

Schriftstellerin, Dozentin, Biografin aus Montreal
François Blouin

Sie ist stark, muskulös, androgyn, ein Punk, der sich mit Frank Zappa und David Bowie anlegte. Sie teilten die Bühne mit ihr. Und sie bot das Aberwitzige, verlagerte die vertikale Priouette in die Horinzontale. Ihre spektakuläre Geschwindigkeit, Präzision und athletischer Körperlichkeit trieb sie an und den Tanz … und sie bewegt ihn noch immer.

François Blouin

Die Premiere von Lecavaliers neuer einstündige Solo-Choreografie „danses vagabondes“ am tanzhaus nrw in Düsseldorf Anfang Dezember 2024 war ein Ereignis, das viele überraschende Wendungen bot, sich auf detaillierte Fuß- und Armarbeit konzentrierte und rasante Anspielungen auf die Performance- und Tanzgeschichte machte. Es gab ein sich wandelndes Spiel mit dem Kostüm – eine schlichte Überarbeitung des Kimonos und der Trainingshose – und eine anhaltende Meditation über den Port de bras, die an Ballett und folkloristische Bewegungen erinnerte und in ein Pete-Townsend-artiges Handrad ausartete, das einen Schwung erzeugte, der in andere Sphären entführte. Während der gesamten Aufführung umriss Lecavalier das Quadrat des Bühnenraums , markierte Bewegungsbahnen darauf und arbeitete mit den Mittelfußknochen, den Ballen, den Seiten der Füße, kreuzte sie, stampfte im Takt und bewegte sich mit schwebender Leichtigkeit unerbittlich durch den Raum. In bester Erinnerung bleibt die Schlussszene: Lecavalier steht frontal, mit direktem Blick, die Arme ausgestreckt und weit geöffnet, vielleicht eine Anspielung auf eine letzte Verbeugung als Darstellerin? Vor einer feurige gepixelten LED-Sonne entstand ein apokalyptisches Bild, auf das unerwartet ein zweiter Abgang folgte: diesmal mit witzigen Verzierungen der Hand und dem Versprechen auf Rückkehr.

Mit dieser Uraufführung setzt die nun 66-Jährige fort, was 2006 ihre zweite Karriere begründete. Sie schuf ihre eigene Kompanie Fou glorieux, ein Name, der den Glanz und Gloria ihres bei La La La Human Steps erworbenen Rufs in der Tanzwelt wie einen Diamant umschloss. Mit „So Blue“ (2012), unter anderem gefolgt von „Battleground“ (2016) und „Stations“ (2020), setzte sie konzentriert und radikal fort, was sie schon von 1981 bis 1999 gemeinam mit Édouard Locks Kompanie angelegt hatte: eine Künstlerin zu sein, die mit ihrem Körper Grenzen überschreitet – und die nicht um des Trainings Willen an sich selbst arbeitet, sondern als Forscherin an ihrem Körper, von dem sie nicht glauben mag, dass er nur in jungen Jahren zu wachsen imstande ist.

François Blouin

Dies ist die Geschichte einer Ikone, eines widerständigen Geists ihrer Zeit, die statt Hierarchie und Disziplin den Weg dazu ebnete, dass längst nun Kollektive und deren Fragen den Motor der Tanzkunst bilden. Was ich hier skizziere, ist ein Porträt der kanadischen Tänzerin Louise Lecavalier als Künstlerin, Arbeiterin und Impulsgeberin, die weit mehr ist als nur das Objekt seliger Erinnerungen der Älteren an eine Bühnenheldin ihrer Zeit. Sie gab nicht nur den furiosen 1980er-Jahren einen gloriosen Kick. Was Ihr hier lest, zeigt vielmehr die Grundlage jeder künstlerischen Rebellion: einen hohen Arbeits- und Leidensdruck, eine schöne Wut, eine ehrliche Leidenschaft, die in ein wunderbares Spiel aus Worten, Bildern und Bewegung kuminiert.

Weiterlesen …

Louise Lecavalier und die vier Elemente

3,35

Den Namen Louise Lecavalier auch nur zu erwähnen, ruft unauslöschliche, angenehme Bilder in Erinnerung: Bilder ihrer 20-jährige Karriere mit der in Montreal ansässigen Kompanie La La La Human Steps etwa, die die Bühnen auf der ganzen Welt in den schwindelerregender 1980er Jahren eroberte

… oder als Lover kostenlos weiterlesen