2016 baute die Bundeskunsthalle Bonn zusammen mit der Pina Bausch Foundation die Lichtburg nach, erst in der Bundeskunsthalle, dann im Martin Gropius Bau in Berlin. Der Nachbau war Ausstellungsraum, Pilgerstätte, ein temporäres Denkmal. Aus einem nur für Eingeweihte betretbaren Probenraum wurde ein begeh- und betanzbares Kultobjekt, in dem „die Kostüme noch immer an den Wänden hängen, ihr Tisch und ihr Stuhl noch immer an derselben Stelle stehen“ (Boris Charmatz) – ein Ewigkeitsort, der noch heute vom Ensemble Tanztheater Wuppertal Pina Bausch Terrain Boris Charmatz als Probenort benutzt wird, in dem neue Stücke entstehen oder wieder auferstehen und in dem auch Gäste und Ehemalige sich tummeln, wie Judith Kuckart und Urs Kaufmann.
Diesen beiden, Judith Kuckart und Urs Kaufmann, ist nun eine vortreffliche Erzählung über diesen Ort gelungen, den Urs Kaufmann auf dem effeff kennt, nachdem er zehn Neuproduktionen von Pina Bausch mitgestaltete und in einem Dutzend Repertoirestücken mitwirkte, darunter in 250 Aufführungen von „Nelken“, in 300 Aufführungen von „Le Sacre du Printemps“ und in ebenso vielen Aufführungen von „Kontakthof“ samt dazugehörigen 2500 Proben in der Lichtburg.
Judith Kuckart stammt aus Schwelm, dem Nachbarort von Wuppertal, erlebte Pina Bauschs Arbeiten von früh an, studierte in Essen auf Empfehlung des Tanzpädagogen Hans Züllig, bei dem auch Pina ihr Handwerk gelernt hatte. Danach ging sie zum Choreografen Johann Kresnik, bevor sie ihre eigene Kompanie gründete, das Tanztheater Skoronel in Berlin. Sie wurde eine erfolgreiche Regisseurin und Autorin, veröffentlichte zuletzt „Die Welt zwischen den Nachrichten“ in jenem Jahr 2024, in dem sie auch die Möglichkeit erhielt, für ihr Tanzstück „Von Wandermenschen und Sofamenschen“ die Lichtburg zu nutzen. Die Zusammenarbeit von Judith Kuckart und Urs Kaufmann entführt an diesen legendären Ort bei Nacht. Bei Regen. Die Schwebebahn erschüttert den Stahl. Die Passanten sehen wie bei Pina Bausch noch heute traurig und müde aus. Ein Rolltor. Treten wir ein.