Die Bergsteiger

Kor’sia
Den Blick immer oben gerichtet - in Kunsthöhe

Kor'sia

Kor’sia ersteigt einen Kunst-Gipfel. Die Tanzkompanie entdeckt den uralten Glauben, dass nicht Gott allein über das Schicksal der Menschen bestimmt. Zwei italienische Surrealisten übersetzen das in eine wunderbar choreografierte Parabel auf die Entfremdung der menschlichen Spezies von der Natur.

Tanzjournalist in Madrid, Redakteur bei SusyQ

Kaum etwas macht derzeit in Madrid mehr Spaß, als einer eigentlich aus Italien stammenden Kompanie namens Kor’sia durch Spaniens Hauptstadt zu folgen. Mal sieht man sie in den Teatros del Canal, diesem nüchternen, mehrstöckigen Kasten, der an einen Kinobau erinnert, diesem Multiplex des Kulturlebens, anders als das Centro Cultural Conde-Duque, einer barocken Kaserne, die bereits durch ihre schieren Größe jeden Touristen umhaut.

Teatros del Canal Madrid

Teatros del Canal

Luis García

Dass hier zwei in Gelb gekleidete Ballerinos aus Italien mit einem Straßentheater ihre Karriere begannen, ist ihrem Riecher zu verdanken, dass es in Spanien sehr wohl noch möglich ist, im Umfeld solcher Bauten, uralt oder brandneu, aus dem Stand eine eigenständige Kompanie zu gründen, die landesweit und auch international gerade einen Riesenerfolg hinlegt.

Kor’sia nennt sie sich. Ihre Gründer sind Antonio de Rosa und Mattia Russo, beide aus Neapel, die sich in Rom kennenlernten, als sie im Alter von fünfzehn Jahren ihr Tanzstudium an der Accademia nazionale di Danza begannen. Sie zogen nach Mailand, lernten weiter an der Accademia Teatro alla Scala in Mailand. Antonio de Rosa blieb noch eine Weile, tanzte an der Scala und wechselte 2011 an die Compañía Nacional de Danza de España in Madrid. Mattia Russo dagegen ging gleich als Tänzer zu den spanischen Teatres de la Generalitat Valenciana und weiter zur Kompanie Introdans in die Niederlande, bevor er sich ebenfalls dem Nationaltheater in Madrid anschloss.

Conde Duque Madrid

Conde-Duque-Kulturzentrum

Wikimedia Commons

Hier in Spaniens Zentrum trafen sie auch Giuseppe Dagostino und Agnes Lopez Río und schufen das Kollektiv Kor’sia, das noch nicht sofort ein eigenes Ensemble in Anspruch nahm, sondern Gastchoreografien anbot, etwa für das inzwischen aufgelöste Victor Ullate Ballet, für das Konzert Theater Bern in der Schweiz und das Ballet de l’Opéra national du Rhin in Frankreich. Dazwischen liegen Abenteuer, von denen ich gleich berichte.

Im Moment touren sie mit ihrer Kompanie „Mont Ventoux“, einem ungewöhnlich erfolgreichen Tanzabend, der auf einen Brief des frühen Humanisten Petrarca zurückgeht. Da erzählt ein Mann aus dem 13. Jahrhundert von der Besteigung des gleichnamigen Bergs mitten in der Provence. Herausgekommen ist eine suggestive Choreografie, die den Zeitgeist so gründlich trifft, wie es die Verantwortung gegenüber dem Planeten gerade verlangt. 13. Jahrhundert? Die beiden gehen tatsächlich arg weit zurück in die Geschichte. Aber sie treffen damit den Geschmack sowohl der Liebhaber traditioneller Tanzkunst als auch den der Verehrer der Avantgarde des 21. Jahrhunderts, und das zu gleichen Teilen.

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Petrarca auf dem Berg

3,34

„Mont Ventoux” heißt der jüngste Coup von Kor’sia, eines gefeierten Tanzensembles aus Madrid unter Leitung der Italiener Mattia Russo und Antonio de Rosa. Bei „Mont Ventoux” geht es um einen Aufstieg, um ihren eigenen, aber auch darum, dass die Menschheit aufsteigen kann, raus aus ihrem Elend aus Beton und Datenmüll.

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